Nachteilsausgleich

Blaue Bausteine aufeinandergestellt

Hochschulen sind gesetzlich verpflichtet, Massnahmen zum Nachteilsausgleich für Studierende mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten zu ergreifen (z. B. Mobilitätsbeeinträchtigung, psychische Erkrankung, Teilleistungsstörung wie Dyslexie, ADHS).

Der Nachteilsausgleich ist ein Instrument, das durch den individuellen Ausgleich einer behinderungsbedingten Benachteiligung dazu beiträgt, Chancengleichheit im Studium zu gewährleisten. Maßnahmen zum Nachteilsausgleich gehören damit zu den Bestrebungen zum Abbau von Teilhabebarrieren in der Lehre. Ein Nachteilsausgleich beinhaltet verhältnismässige Anpassungen der Studien- und Prüfungsbedingungen, wobei die zentralen inhaltlichen Anforderungen des Bildungsangebots nicht verändert werden. Die Maßnahmen zum Nachteilsausgleich werden individuell abgestimmt.

Der Rechtsanspruch basiert auf drei zentralen Rechtsgrundlagen: der UN-Behindertenkonvention (BRK), der Bundesverfassung (BV) und dem Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG).

Informieren Sie sich, ob es an Ihrer Hochschule eine zuständige Fachstelle – z. B. Fachstelle Studium und Behinderung – gibt, die für Nachteile ausgleichende Massnahmen zuständig ist und Sie bei deren Umsetzung unterstützen kann. Zeigen Sie sich offen für Sonderregelungen und alternative Leistungsnachweise, falls dies aufgrund der individuellen Situation der Studierenden notwendig ist. Stelle Sie den Studierenden das notwendige Studienmaterial zur Verfügung.

«Diese Begründung mit, wenn wir es für dich zulassen, dann werden das alle wollen. Plus dieses à la, das ist halt der Rahmen, der uns gegeben wird, um bestimmte Ausgleiche geben zu können und bei ADHS ist das nicht vorgegeben. Das hat mir wieder gezeigt, dass das einfach kein massgeschneidertes Angebot ist, sondern einfach drei oder vier Sachen, die erlaubt werden und alles andere nicht.»
Student*in, Pädagogische Hochschule

«Also das grösste Beispiel, was mir einfällt, ist (folgendes): Bei (meinem) Nachteilsausgleich ging es darum, dass ich den erweitern wollte und zwar, damit (für mich) Prüfungen nicht am Abend stattfinden, weil ganz viele Prüfungen oft von sechs bis acht am Abend stattfinden. Und an dem Punkt sind halt meine Medikamente nicht mehr wirksam und ich wollte das in meinen Nachteilsausgleich mit einbeziehen. Dann hiess es, es brauche eine Bestätigung von einer ärztlichen Fachperson, dass das auch der Fall ist. Und ich dachte nur so, ja gut…, also ich meine, das kann jede Person googeln gehen und sehen, dass es keinen Sinn macht, Medikamente so spät noch einzunehmen, weil ich dann nicht mehr schlafen kann, weil es dann halt trotzdem ein Amphetamin oder sonst ein Medikament ist, das Schlafschwierigkeiten auslöst, plus dass diese Medikamente halt nicht spät eingenommen werden können, sondern direkt wenn man aufsteht. Und darüber habe ich halt keine Kontrolle, ich richte meinen Schlafzyklus ja nicht nach der Prüfung. Und dann bin ich zu meiner damaligen ADHS-Psychiaterin, habe ihr das gesagt, und sie meinte dann so, ‹hey, um so einen Bericht zu schreiben, das kann ich schon machen, aber das zahlt die Krankenkasse nicht, weil es halt nicht etwas ist, das du sozusagen brauchst, und das sind von meiner Seite ein bis zwei Stunden Aufwand. Das wären mindestens 300, maximal 600 Franken gewesen. Und dann habe ich das der Person beim Nachteilsausgleich gesagt, und dann gesagt, dass sie mich sonst auch zu einem Vertrauensarzt oder so schicken oder halt das Geld übernehmen könnten. Aber dass ich mir das halt nicht leisten könnte. Und dann hat es geheissen, nein, tut uns leid, das brauchen wir schriftlich, das können wir nämlich nicht umsetzen, weil, wenn wir das Ihnen einfach so umsetzen, dann kann das jede Person bekommen. Und ich dachte dann, okay, und habe dann recht schnell aufgegeben, weil ich dachte, weisst du was, nee, kein Bock dafür, da ich eh nur noch ein paar Semester da studiere, und hoffentlich passiert es nicht mehr, dass Prüfungen so spät stattfinden. Aber diese Begründung ‹wenn wir es bei dir zulassen, dann werden es alle wollen’… (Dabei verstehen so) wenige Menschen überhaupt, dass es einen Nachteilsausgleich gibt. Plus halt dieses – also ich paraphrasiere, ich weiß nicht mehr genau, was die genauen Worte waren – aber so etwas à la, ja, das ist halt der Rahmen, der uns gegeben wird, um bestimmte Ausgleiche geben zu können, und bei ADHS ist halt das hier nicht vorgegeben. Und das hat mir wieder gezeigt, aha, das ist einfach kein massgeschneidertes (Angebot), sondern einfach diese drei oder vier Sachen, die erlaubt werden und alles andere nicht. Zum Beispiel auch so etwas wie ein reizabgeschirmter Prüfungsort ist auch nur möglich – und das steht auch im Nachtragsausgleich so – wenn es die Infrastruktur erlaubt. Also das heisst, es muss eine Person geben, die mich betreut während dieser Zeit, und es muss einen freien Raum geben während dieser Zeit. Was zum Glück bisher immer funktioniert hat, aber nur schon das Wissen, dass das nicht mein Recht wäre, wenn es mal der Fall wäre…, das ist extrem stressig. Plus, dass ich als studierende Person der dozierenden Person hinterherrennen muss (…). Es ist natürlich auch klar – wie soll ich sagen – dass ich nicht einfach alles so serviert bekomme, sondern dass ich mich auch ein bisschen bemühen muss um bestimmte Sachen, aber genau mit ADHS sind das genau so Sachen, die für mich nachher sehr gross wirken und sehr schnell auch vergessen werden. Und das fände ich halt cool, wenn das schon mitgedacht werden würde.»

«Eine good practice ist beispielsweise zu erläutern und erklären, wo liegt Nachteil liegt, dann kann man diesen genau feststellen und aufgrund dieses Nachteils sucht man den konkreten Nachteilsausgleich. In der Praxis gibts dann immer wieder viele Hürden.»
Dozent, Fachhochschule

«Also eine Good Practice ist beispielsweise, wie ich jetzt erwähnt habe, jemand hat einen gewissen Nachteil aufgrund einer Behinderung und kann das dann erläutern und erklären, wo liegt der Nachteil. Dann kann man diesen genau feststellen. Und aufgrund dieses Nachteils sucht man den konkreten Nachteilsausgleich. Also jemand braucht zum Beispiel eine Schreibhilfe. Also kann ich als Beispiel meine Wenigkeit anführen an meiner Abschlussprüfung an der Uni. Ich konnte die damals existierende vierstündige Prüfung nicht in einem Zug so durchschreiben mit meinen Händen. Also hatte ich jemanden, der für mich geschrieben hat und ich hab’s diktiert. Das ist aber sehr individuell verschieden. Ich glaube einfach, dass man wirklich zuhört und auch mit Fachwissen dann versucht, das zu reflektieren, wo liegt der Nachteil ganz genau. Manchmal gibt es Menschen, die kennen ihre Situation noch nicht ganz so genau, dass man die Leute unterstützt und das dann gemeinsam herausfindet und das dann macht. Das wäre der Idealfall. In der Praxis gibt es dann immer wieder viele Hürden. Beispielsweise jemand mit einer psychischen Behinderung braucht vielleicht einen Raum, der ruhig ist und kann nicht mit 300 Studierenden zusammen im gleichen Raum sitzen. Es braucht vielleicht einen Extraraum. Und dann heisst es plötzlich, wir haben keinen Raum. Das ist so ein Klassiker. Oder man sagt, du kriegst 50 oder 20 Prozent mehr Zeit. Die eine Person braucht vielleicht 40, die andere nur 10 Prozent, weil man einfach ein Rezept abspult, ohne sich wirklich damit auseinandergesetzt zu haben, was denn der individuelle Nachteilsausgleich dieser Person ist.»

«Ich glaub, das ist ganz zentral – dass ein Nachteilsausgleich immer ein individuelles Instrument ist. An einigen Hochschulen läuft das relativ gut und aber an vielen Hochschulen nicht. Und ich glaube, das sind Sachen, wo es einfach eine Professionalisierung braucht. Es braucht hier ein Commitment und es braucht Ressourcen, um das entsprechend professionell überall zu machen.»
Dozent, Fachhochschule

«Während einige Hochschulen dies relativ professionell machen, auch darum wissen – und ich glaube, das ist ganz zentral – dass ein Nachteilsausgleich immer ein individuelles Instrument ist. Nur weil jemand eine Sehbehinderung hat, braucht er nicht immer das Gleiche. Es gibt nicht die Sehbehinderung. Es gibt ganz unterschiedliche Bedürfnisse, auf die unterschiedlich reagiert werden muss, um wirklich den Nachteil auszugleichen. Und an einigen Hochschulen läuft das relativ gut, aber an vielen Hochschulen nicht. Also ich glaube, es gibt immer noch viele Hochschulen, die haben Regeln, wie zum Beispiel jemand hat, Behinderungsart XY, also geben wir 50 Prozent mehr Zeit, auch wenn es überhaupt keinen Sinn macht. Und ich glaube, das sind Sachen, wo es einfach eine Professionalisierung braucht, und es nicht ausreicht, wenn man nach Standard irgendwelche Rezepte aufstellt, und die dann einfach abspult. Es braucht ja ein Commitment, es braucht Ressourcen, um das entsprechend professionell überall zu machen.»

Reflexionsfragen

  • Bin ich über die Regelungen zum Nachteilsausgleich an meiner Hochschule informiert und weiss, wie ich in einer konkreten Situation vorgehe?
  • Nehme ich mir die Zeit, um auf Anliegen von Studierenden mit Nachteilsausgleich bei der Vorbereitung, Umsetzung und Nachbereitung meiner Lehre einzugehen?

Weiterführende Materialien

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Lehre in der Hochschulstruktur

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