Die Beziehungsebene ‘Dozierende – Inhalt’ bildet eine der drei Seiten des didaktischen Dreiecks und wird hier hinsichtlich des Aspekts Planung besprochen. Die Studierenden als dieser Ebene entgegengesetzter Eckpunkt des didaktischen Dreiecks sind dabei stets mitzudenken.
Dozierende sind Gestalter*innen von Lernumgebungen. Sie entwerfen konkrete ‘Lehrsituationen’, in denen bestimmte Formen der Auseinandersetzung mit Inhalten nahegelegt oder erschwert werden.
Dies geschieht zum Beispiel, wenn Dozierende Lerninhalte in Ober- und Unterthemen sequenzieren und in mehr oder weniger Relevantes, leicht und schwieriger zu Verstehendes einteilen. Auch die geplante Form der Auseinandersetzung mit Inhalten, ob Räume der gemeinsamen Aushandlung angelegt sind oder ob Studierende mehrheitlich als Publikum angedacht werden, formt etwa eine bestimmte Lehrsituation.
Differenzsensible Lehre verfolgt das Ziel, dass alle Studierenden sich mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen, Perspektiven und Positionen – ihren eigenen Stimmen – einbringen können. Lehrveranstaltungen werden in der Regel jedoch zu einem Zeitpunkt vorbereitet, an dem die konkrete Zusammensetzung der Studierendengruppe noch nicht bekannt ist. Trotzdem werden schon Lernformen, Lernhinhalte und die Anforderungen für die Studierenden festgelegt. Es ist deshalb wichtig, sich bei der Planung von Lehrte aus differenzsensibler Perspektive zu überlegen:
Die genannten Aspekte betonen die Notwendigkeit einer Verschiebung vom traditionellen Modell der Wissensvermittlung hin zu einer stärker an den Lernenden ausgerichteten, interaktiven und selbstreflexiven Lehre. Eine methodische Vielfalt, ein dialogisches Vorgehen und offene Lernräume fördern das aktive Engagement der Studierenden, die kritische Reflexion und Kontextualisierung sowie eine tiefere Auseinandersetzung mit den Lehrinhalten.
«Also was ich für Methoden oder didaktische Methoden auch anwende, ich glaub das ist immer ein bisschen auch davon abhängig – da habe ich jetzt vielleicht eine etwas erhöhte Sensibilität dafür – wer im Publikum sitzt und welche Bedürfnisse dort auch vorhanden sind. Ich hab ja vorhin einige Beispiele genannt, wie zum Beispiel; wie erkläre ich eine Grafik, wenn jemand nicht sieht, oder wie moderiere ich eine Diskussion, wenn Menschen mit Hörbehinderungen dabei sind, was muss ich dabei beachten. Ich glaub, das sind Fragen, die viele Lehrpersonen überfordern, wenn sie damit nicht vorgängig sich beschäftigt haben. Ich glaube aber, es lässt sich erlernen. Und damit will ich sagen, je nach dem, wer bei mir im Publikum sitzt, mache ich vielleicht mehr Diskussionen. Oder eher etwas weniger Diskussionen. Wenn ich weiss, dass Diskussionen für Menschen mit Hörbehinderung stets eine grosse Herausforderung sind, dann lasse ich diese natürlich nicht weg, versuche ein entsprechendes Setting zu schaffen, wo das möglich ist, aber ich setz da jetzt vielleicht nicht den ganz grossen Schwerpunkt. Und ich glaub so auch eine Flexibilität, ich glaub das ist das Stichwort, eine Flexibilität in den Lehrmethoden auch zu haben, je nach Bedürfnisse, die dann auch auf mich zukommen, ich glaub das ist sicherlich für mich etwas sehr zentrales.»
«Also ich entwickle gerade ein Seminar zu Judith Butler mal wieder zur, ähm, Macht der Gewaltlosigkeit, das werde ich im Herbst in Zürich unterrichten. Und das ist ja genau die Frage, da werden Menschen sein, die haben noch nie vorher Judith Butler gelesen. Die ist ja nicht ganz anspruchslos als Denkerin, das heißt, es braucht einfach viele Voraussetzungen, um diese Texte erstmal für sich aufstufeln zu können. Und da zu sagen, was könnte es geben, also welche Texte stelle ich dazu, ähm, das können Sekundärtexte sein, die sich direkt mit Butler beschäftigen, das können aber auch wirklich andere Denker und Denkerinnen sein, die es wichtig ist zu verstehen, ähm, um nachzuvollziehen, was sie da versucht zu formulieren, oder was sie da formuliert in ihren Texten. Und dadurch sozusagen ist es nicht nur der eine Text, den man jetzt irgendwie versucht aufzuschlüsseln, sondern man nähert sich dem ja auch an und schafft sozusagen wie verschiedene Möglichkeiten auch den Text zu erfahren. Das ist auch nochmal ein Punkt, über den ich gerade viel nachdenke, sozusagen, weil wir so viel mit Text arbeiten, wie der eigentlich auch nochmal anders erfahrbar werden kann, jenseits von wir sitzen da und lesen. Also, ich lese ja wahnsinnig gern laut auch Texte und finde das unglaublich hilfreich. Ich stelle auch fest, wenn ich selber schreibe, lese ich laut mit oder schreibe laut, weil das für mich was macht. Und ich glaube, dass sozusagen Textlesen auch manchmal dialogischer noch funktionieren könnte in so einem Raum. Und da, genau, das wäre noch so eine Frage von Form, jetzt nicht das, was man dann in das Curiculum packt, sondern eher so die Form, in der man das dann auch bearbeitet. Wenn es um Theorie geht, arbeite ich tatsächlich gerne mit Text und da ist eben genau die Frage, wie kann man den noch anders erfahrbar machen, jenseits von wir lesen den alle für uns still. Das ist vielleicht manchmal auch wichtig, aber es gibt eben auch Passagen, die es sich lohnt, laut vorzulesen und dann nochmal ins Gespräch zu gehen miteinander, weil dann nochmal was passiert. (.) Und was ich sonst auch sehr mag, wenn es auch thematische Seminare sind, ist wirklich dialogisch zu arbeiten. Das heißt wirklich auch Menschen einzuladen, die sich mit Themen beschäftigen. Dann spreche auch nicht nur ich. Also dieses in dem Gespräch was erläutern ist auch ein anderes Format als einfach monologisch. Auch wenn man Inputs vergibt und so, oftmals ist es ja dann so, dass eine Person sehr lange redet, wie ich jetzt gerade auch in diesem Interview und es ist eigentlich schöner, wenn es so mehr im Gespräch passiert, weil ich glaube, man kann besser zuhören und man kann dem länger folgen auch. (..) Und die Möglichkeit ist, da Nachfragen zu stellen. Das ist was, was ich sehr gerne mache und auch um deutlich zu machen, es gibt immer auch wie so ein Netzwerk oder also Menschen, die sich mit bestimmten Themen beschäftigen, sozusagen die auch sichtbar zu machen auf eine andere Art und Weise oder hörbar zu machen auf eine andere Art und Weise als nur über eine Fußnote in einem Text. Diese Verbindung, das sind Menschen, das sind sozusagen Kontexte, die da mitkommen und ich glaube, das macht was, die zu erleben.»
«Es gibt ja immer so etliche Sachen. Entweder die mehr oder minder erfolgreichen Gruppenarbeiten und irgendwelche Murmel-Gruppen und Gruppenpuzzle und ich mein, da könnte man da jetzt alles mögliche aufzählen. Für mich ist im Moment eigentlich Zielsetzung in Auseinandersetzung mit bell hooks arbeiten, irgendwie zu Lehre, also zu teaching, dass ich dieses Grundprinzip irgendwie von Stimme geben, in Dialog gehen, in den Austausch miteinander gehen, eine teaching community sein, dass das eigentlich etwas ist, was mir ein Anliegen ist und wo ich jetzt gerade wirklich aktuell daran bin zu sagen, hey, das will ich irgendwie mehr verstehen. Und das lehnt sich bei bell hooks mitunter ja auch an Paulo Freires Arbeiten an und die Pedagogy of Freedom, oder Pedagogy for the Oppressed, und das ist etwas, wo ich das Gefühl habe, es geht eher darum, nochmal meine Zielsetzung mit Blick auf das was…, wie will ich eigentlich Interaktionen? Wie will ich Lernen ermöglichen? … Das mich das dann zu der Frage führt, welche Methoden wende ich an? Und ich glaube, dass eine Methode wie die der Gruppenarbeit, die kann völlig hohl sein, wenn ich nur ein Ping-Pong spiele zwischen, ich doziere, dann gehts in die Gruppenarbeit, dann stellen die Gruppen was vor und dann doziere ich wieder. Oder geht es darum, dass ich eigentlich als dozierende Person diese Interaktion ermögliche und immer wieder signalisiere, dass ich wirklich die Stimmen der Studierenden hören möchte – und das heisst nicht, dass alle reden müssen – aber dass ich wirklich zeige, ich möchte eure Stimme hören. Ich möchte, dass ihr merkt, es macht eine Differenz, ob ihr am Mittwochnachmittag in Solothurn von 14 bis 16 Uhr da wart oder nicht. Weil, wenn ihr nicht da wart, dann hab ich euch nicht gehört und dann ist das, was ihr gesagt hättet, ist untergegangen. Und das ist glaub ich eher so meine Perspektive grad auf diese Methodenfrage.»
«Es ist natürlich genau, ähm, gerade in diesen geschlechtertheoretischen Texten oder gesellschaftstheoretischen Texten ist es ja oft so, äh, dass es große Setzungen sind, die nicht immer ausweisen, woher sie ihre Kontexte nehmen und ihr nachdenken. Und ich glaube, das ist wirklich eine Aufgabe auch in der Lehre zu sagen, wir versuchen das gemeinsam zu kontextualisieren. Es geht um eine bestimmte Zeit, es geht um eine bestimmte gesellschaftliche Situation, in der Texte entstehen, in der sich bestimmte Fragen auf diese Art und Weise stellen und darüber kommt sozusagen ein solcher Entwurf. Der kommt ja nicht nur aus einer genialen Vision eines einzelnen Menschen, das ist zum Beispiel ganz wichtig.»